Licht
- robustes Gehäuse
- heller großer Sucher
- Bildqualität
- extrem geringes Bildrauschen
- beeindruckender AF
- sehr schneller Verschluß
- 8 Bilder/Sek
- Ergonomie
- LiveView
- phänomenaler Monitor
- Energiemanagement
- hochwertiger Batteriegriff
Schatten
- keine echten 100 ISO
- Liveview und MirrorUp nicht kombinierbar
- kein 100% Sucher
Nikon D700
11 2008
Bis vor kurzem hat ja Nikon bei den DSLRs voll auf das DX-Format (Halbformat) gesetzt. Das hat mich nicht gestört, ganz im Gegenteil, in der Tierfotografie kommt mir der engere Bildwinkel sogar sehr gelegen. Etwas überraschend stellt dann Nikon die D3 vor, die erste hauseigene DSLR mit kleinbildgroßem Aufnahmesensor. Soweit so gut. Beide Sensorformate zur Verfügung zu haben, wäre natürlich eine praktische Sache, einfallsreich wie ich bin, sind mir sogleich einige sinnvolle Anwendungsmöglichkeiten eingefallen. Eine D3, auch wenn sie noch so gut ist, kam für mich natürlich nicht infrage, und daher hoffte ich insgeheim auf eine abgespeckte Variante. Tatsächlich erfüllte Nikon nur ein Jahr später meinen Wunsch. Die anfangs sehr saftigen Preise gaben wie gewohnt nach einiger Zeit etwas nach, und als es dann neuwertige Gehäuse am Gebrauchtmarkt gab, war mein Kaufentschluss gefasst.
Erste Eindrücke:
Die D700 ist abgedichtet und wertig verarbeitet. Gehäusetechnisch könnte man sie als die Schwester der D300 bezeichnen. Dennoch wirkt sie durch das viel höhere Prisma etwas proportionierter. Das Sucherokular ist jetzt wie bei den Profimodellen rund und hat sogar einen Okularverschluss. Ein Blick durch den Sucher offenbart einen großen Vorteil des kleinbildgroßen FX Formates - man hat ein deutlich größeres Sucherbild als bei den Cropkameras, und das bei gleicher Helligkeit. Ein weiteres Merkmal, dass bis jetzt den einstelligen Profiboliden vorbehalten war, sind die zusätzlichen Pfeile des Fokusindikators beim manuellen Scharfstellen. Das ist eine wesentliche Erleichterung, da man sofort weiß, in welche Richtung man den Fokusring des Objektivs drehen muss.
Nimmt man die Kamera in die Hand, spürt man das etwas höhere Gewicht im Vergleich zur D300, mit dem Hochformatgriff MB-D10 samt Akku ist das schon ein ganz schöner Brocken, liegt aber dennoch einmalig in der Hand. Die Bedienung ist weitgehend mit der D300 identisch. Von der D3 wurde die Multifunktionswippe übernommen. Bei der D700 gibt es nun eine eigene Info-Taste, leider auf Kosten des Entriegelungshebels des Speicherkartenschachts, denn dieser Hebel hat dadurch keinen Platz mehr. Das Verschlussgeräusch klingt anders als bei der D300, aber nicht lauter.
In der Praxis:
Das Arbeiten mit dieser Kamera macht wahrlich Freude. Durch den größeren Sucher und die faktisch kleinere Tiefenschärfe des FX-Formats kann man ausgezeichnet freistellen. Die Bedienung ist wie von Nikon gewohnt vorbildhaft. Die D700 ist einfach eine sinnvolle Ergänzung zur D300, da sie sich in der Bedienung praktisch nicht unterscheiden, und sie hat eben dieselben Vorzüge wie zB. den großen und hochauflösenden Monitor oder die überaus gute Haptik. Anfangs war die neue Multifunktionswippe ungewohnt, aber nach kurzer Zeit stellte sich heraus, dass sie die bessere Lösung ist. Neben der Wippe wurde von der D3 auch der am Monitor einblendbare Horizont übernommen. Funktionieren tut dies, ob das nun tatsächlich so eine wichtige Neuerung ist, sei dahingestellt. Mit einer Wasserwaage am Blitzschuh ist mir jedenfalls mehr geholfen.
Eine weitere sinnvolle Funktion ist die zuschaltbare Vignettierungskorrektur. Es gibt sie in mehreren Stufen. Allerdings ist sie nur halbherzig ausgeführt. Einmalig wäre es, würde die Kamerasoftware auf das jeweilige Objektiv und die eingestellte Blende Rücksicht nehmen, denn die Randabschattung tritt vor allem bei offener Blende auf und ist je nach Brennweite bzw. Objektiv verschieden stark ausgeprägt. Wechselt man jetzt das Objektiv oder benützt eine andere Blende, müsste man die Korrektur wieder umstellen, dies ist nicht sehr praxisnah.
Das AF-Modul funktioniert ebenso gut und ist genauso aufgebaut wie das der D300, nur durch die größere Aufnahmefläche des Sensors sind die Messfelder mehr mittig, was je nach Aufnahmesituation Vor- und Nachteile hat. Der Autofokusmotor ist deutlich leiser, weniger untersetzt und subjektiv empfunden etwas schneller als bei der D300. Er erinnert mich stark an den AF- Motor einer einstelligen Nikon. Der Lifeview ist nach wie vor nicht perfekt implementiert, da bei jeder Auslösung der Spiegel wieder runter und raufklappt. Würde er oben bleiben, wäre das eine große Hilfe bei Makro oder starken Telebrennweiten, denn der oft zu Unschärfen führende Spiegelschlag wäre dann kein Thema mehr.
Der Stromverbrauch ist ähnlich gut wie bei der D300. 1500 Aufnahmen mit einem Akku sind durchaus möglich. Es lässt sich in Verbindung mit dem Hochformatgriff auch gut mit entsprechend leistungsfähigen Mignonzellen arbeiten. Empfehlen kann ich vor allem die Sanyo Eneloops. Sobald sie aber schon etwas an Altersschwäche leiden, streikt die Kamera und verweigert den Dienst. Im Allgemeinen finde ich es für eine optimale und sehr kundenfreundliche Lösung, dass der MB-D10 Handgriff sowohl auf die D300 als auch auf die D700 paßt. So etwas hat es bei allen Herstellern in letzter Zeit nur sehr selten oder eher gar nicht gegeben.
Mit den neu vorgestellten Zooms AF-S 2,8/24-70 und AF-S 2,8/14-24 wurde eindrucksvoll bewiesen, dass man sehr wohl auch für das FX-Format Weitwinkel- und Zoomobjektive konstruieren kann, die schon bei Offenblende scharf bis an den Rand sind, bei nur geringer Vignettierung. Hier lagen ja bisher die größten Schwächen beim digitalen Kleinbildformat. Allerdings ist nicht alles eitle Wonne. Nach wie vor gibt es Lücken im Objektivangebot für das FX-Format. Es fehlen kompaktere und flexiblere Objektive wie ein 4/24-70, 4/24-105mm oder ein 4/70-200mm. Deshalb sehe ich dieses Format allenfalls als Ergänzung zu DX, denn bin ich unterwegs und auf eine kleine und tragbare Ausrüstung angewiesen.
Bildqualität:
Die D300 legt punkto Bildqualität schon einiges vor, und auch die D700 enttäuscht in dieser Hinsicht keineswegs. 12 Megapixel waren auf DX bis vor kurzem eine sehr hohe Auflösung, viel mehr macht momentan auf dem kleinen Sensor nicht besonders Sinn. Beim größeren FX-Format gibt es natürlich Reserven (siehe D3X) aber dennoch bedarf es schon sehr guter Linsen, um erst die 12MP voll nützen zu können, da viele Objektive am Rand schwächeln. Der Detailreichtum ist schon bei 12MP enorm, Abzüge bis 40-60cm sind da überhaupt kein Problem. Die Farbwiedergabe ist ausgezeichnet und mit der D300 vergleichbar, ebenso wie sämtliche Einstellungsmöglichkeiten zur Bildoptimierung. Manchmal wird der geringe Dynamikumfang bei JPG kritisiert, das finde ich jedoch unbegründet, denn das betrifft nur die Standardeinstellungen, die eben dazu gedacht sind, ohne Nachbearbeitung kontrastreiche Bildern mit knalligen Farben quasi Out-Of-The-Box zu ermöglichen. Natürlich geht da Dynamikumfang für eine spätere Bearbeitung verloren. Aber man kann diese Einstellungen jederzeit ändern. In RAW schöpft man erst voll das Potential des Sensors aus, der Dynamikumfang ist etwas höher als bei der D300.
Wirklich beeindruckend ist durch die großen Pixel aber die Rauscharmut bei hohen ISOs. Selbst bei 3200 ISO gibt es kaum Abstriche in der Bildqualität, sogar 5000 ISO bringen je nach Motiv und Anforderung noch brauchbare Ergebnisse. Alles darüber ist dann mehr oder weniger ein Notbehelf. Mit lichtstarken Objektiven sind den fotografischen Möglichkeiten kaum noch Grenzen gesetzt. Dies ist sehr praktisch für die Tierfotografie und vor allem für Hallensport. Fairerweise muss ich aber auch sagen, dass da im Endeffekt die höher auflösenden „Vollformat“-Kameras nicht viel schlechter abschneiden. Denn bei Verwendung eines entsprechend hoch auflösenden Objektivs gibt es zwar bei hohen ISOs grundsätzlich ein stärkeres Bildrauschen, aber durch den Auflösungsvorsprung kann viel stärker entrauscht werden. Unterm Strich kommt dann bei gleich hoher Auflösung etwa die gleiche Qualität raus. Vergleiche mit einer Canon 5D MII haben dies bestätigt.
Etwas zickig ist manchmal der automatische Weißabgleich. Vor allem bei Kunstlicht gibt es immer wieder Ausreißer. Macht man da mehrere Aufnahmen hintereinander, kommen seltsamerweise manchmal verschiedene Ergebnisse zustande, die Farben gehen häufig stark ins Grünliche. Draußen ist er wesentlich treffsicherer.
Fazit:
Die D700 mit dem FX Sensor ist eine ausgezeichnete Ergänzung zur D300 geworden, beide Kameras sind sozusagen ein „Dreamteam“ für mich, da sie sich grundsätzlich gleich bedienen lassen, und man individuell die Stärken jeder Kamera ausschöpfen kann. Ich habe eine Vorliebe für kompakte Gehäuse, die sich bei Bedarf mit einem Griff erweitern lassen. Diese Flexibilität schätze ich sehr. Die D700 ist robust und schnell, acht Bilder/Sek mit Handgriff und ein äußerst zuverlässiger AF reichen für die meisten Situationen vollkommen aus. Die Bildqualität ganz allgemein ist hervorragend, das Rauschverhalten bei hohen ISOs sensationell, was ungeahnte Möglichkeiten eröffnet. Allerdings wäre das FX-System alleine keine Lösung für mich, denn es fehlen noch eine Reihe kompakterer Objektive und im Telebereich hat man weniger Vergrößerung. Erst wenn es eine kompakte, schnelle und bezahlbare FX-Kamera gibt, die am DX-Crop immer noch ca. 12MP hat, hätte eine DX-Kamera bei mir ausgedient. Das ist aber noch Zukunftsmusik und bis dahin wird mir der Cropvorteil der D300 in der Tierfotografie gute Dienste leisten.